Digital Mindset

Agilität, Resilienz, Customer Centricity oder VUCA – ein Schlagwort jagt das nächste. Doch was haben diese mit Digitalisierung zu tun? Für eine erfolgreiche digitale Transformation sind neben Technologien grundlegende organisatorische und methodische Veränderungen essenziell. Damit einher geht ein Wandel in der Unternehmenskultur. Die nachfolgenden Artikel sind im Rahmen des ZIA Arbeitskreises „Digital Mindset“ entstanden. Sie sollen Klarheit schaffen und der Branche dabei helfen, zu verstehen, weshalb Technologieverständnis, strukturelle Veränderungen, Flexibilisierung und andere, teilweise schmerzhafte Prozesse vor allem die durch Beständigkeit geprägte Immobilienwirtschaft so besonders herausfordern.

Vorwort

Seit Jahren sprechen Politik und Wirtschaft von der Digitalisierung, als wäre diese selbsterklärend. ... mehr

Ohne Digital Mindset kein digitales Geschäftsmodell

Der Digitalisierungsausschuss des ZIA hat drei Arbeitskreise gegründet um verschiedene Auswirkungen der Digitalisierung auf die Immobilienwirtschaft ... mehr

Digitalkultur – worüber reden wir eigentlich?

Das Voranschreiten digitaler Technologien und die damit verbundene digitale Transformation stellt Unternehmen vor viele Herausforderungen. ... mehr

Digitalisierung ist nicht nur eine Frage der Technik

Mit Volldampf überrollt die digitale Revolution derzeit die gesamte Immobilienwelt, rüttelt sie durch und eröffnet Möglichkeiten. ... mehr

Digital Mindset – Kultur, Organisation und Strategie

Auch in unserer Branche ist die digitale Transformation in vollem Gange - gemäß einer jüngsten McKinsey-Studie nutzen deutsche Unternehmen ... mehr

Besonderheiten der Immobilienwirtschaft

Strategische Fragen stellen sich in der Immobilienwirtschaft oft ganz anders als in anderen Branchen ... mehr

Das magische Dreieck aus Kultur, Organisation und Strategie

Die rasant fortschreitende Digitalisierung fordert und fördert Unternehmen über alle Sektoren hinweg. ... mehr

Digital Mindset – Freizeit vs. Beruf

Im Jahr 2019 kann man eines mit Sicherheit sagen: Die Welt ist vollständig im digitalen Zeitalter angekommen. Laut einem kürzlich veröffentlichten ... mehr

Die Geschichte einer Transformation

Im Jahr 1992 gründete Andreas Rödel die ITD GmbH. Rödel hatte in Clausthal und Berlin Bergbau studiert und war damals, wie noch heute ... mehr

Digitalisierung in Unternehmen als Herausforderung und Chance

Der technologische Umbruch schreitet mit exponentieller Geschwindigkeit voran und generiert neue Impulse und Chancen. ... mehr

Leitfaden: Wie man das Digital Mindset erlangt

Zweifellos ist Digitalisierung nicht nur eine Frage der Technik. Mit der Delegation der Digitalisierung an die IT-Abteilung ist es also nicht getan. ... mehr

Fazit

Die Debatte rund um die digitale Transformation der Immobilienwirtschaft ist unscharf, dabei ist der Wandel bereits in vollem Gange. ... mehr

Vorwort

Digital Mindset – Das neue Credo lautet Anpassung

Autor: Dr. Florian Stadlbauer, Head of Digitalization (Commerz Real AG), Vorsitzender ZIA-Arbeitskreis Digital Mindset

Seit Jahren sprechen Politik und Wirtschaft von der Digitalisierung, als wäre diese selbsterklärend. In einer gefühlten Ära der Schlagworte kommen wir ohne ein klares Verständnis allerdings nicht weiter. Die zunehmende Technologisierung verdeutlicht hierbei sehr klar, wie wichtig eine Kultur der stetigen Anpassung für die deutschen Unternehmen ist.

Der Strukturwandel ist schon seit vielen Jahren im Herzen der Immobilienwirtschaft angekommen – Datenökonomie und Automatisierung haben bereits ganze Geschäftsmodell herausgefordert. Sollten Bedeutung und Reichweite der Digitalisierung nach wie vor mit Skepsis betrachtet werden, hilft in diesem Zusammenhang vielleicht eine kleine Analogie: Die Abkehr vom Agrarstaat durch die Industrialisierung und dem damit einhergehenden Manufakturwesen. In beiden Fällen reden wir von radikalen Veränderungen oder eben von industrieller Revolution. Geschäftsmodelle, Produkte, Methoden und ganze Unternehmen waren auch damals mit Disruption konfrontiert. Der Unterschied zur heute? Richtig, die Geschwindigkeit. Um all dies zu erfassen und optimal zu bewältigen, brauchte es bisher ein „industrielles“ Mindset – eine Kultur also, die es uns ermöglicht, das eigene Handeln an die Bedingungen der Umwelt anzupassen. Diese Kultur haben wir bis heute in der Wirtschaft so stark verinnerlicht, dass großen Teilen der Wirtschaft mitunter gar nicht bewusst ist, wie sehr unsere Denkweisen und Handlungsmuster davon geprägt sind. Das Resultat ist ein gefährliches kulturelles Bias. Stellvertretend dafür kann die Wahrnehmung des alten Telefonvorstands Ron Sommer von 1990 stehen, wonach das Internet als Spielerei für Computerfreaks und ohne Zukunft sei. Deutlicher wird dies aber auch anhand folgenden Zitats von Kaiser Wilhelm II.: „Das Auto ist eine vorübergehende Erscheinung. Ich glaube an das Pferd.“ Technologische Folgeabschätzung hat auch mit dem Verständnis von Technologie zu tun.

Die Digitalisierung kommt nicht erst, sondern ist bereits längst angekommen. Und zwar nicht nur, dafür aber auch, in der Immobilienwirtschaft. Besonders deutlich wird das an den prominenten Beispielen WeWork, AirBnB oder aber auch im Bereich Crowdfunding durch das Einkaufen der Commerz Real bei Bergfürst. Besonders die ersten beiden Beispiele verdeutlichen, dass mit der Zunahme an technologischen Möglichkeiten neue Geschäftsmodelle entstehen und etablierte Akteure angreifen. Das Verständnis zur Wahrnehmung dieser neuen Umgebung in Form eines digitalen Mindsets, also einer Digitalkultur, wird dadurch mehr als offensichtlich. Nur auf diese Weise können etablierte Player den neuen Anforderungen hinsichtlich der Geschäftsmodelle (u.a. Plattformökonomie, Sharing Economy, Eco-Systeme), Produkte (analoge vs digitale Produkte) Oranisation (Hierarchie/ Matrix vs. Netzwerk) und Methoden (agile Methoden wie Scrum, Kanban, Lean Startup oder aber auch Design Thinking) gerecht werden.

Stellvertretend für die Transformation der immobilienwirtschaftlichen Geschäftsmodelle steht die Transformation der Arbeitswelten. Neue Technologien und neue Nutzergenerationen definieren neue Ansprüche an zukunftsweisende Arbeitsumgebungen und Arbeitgeber. Das Mindset muss aber auch hinsichtlich der gesamtgesellschaftlichen Veränderungen durch die Digitalisierung verstanden werden. So spielt die Immobilienwirtschaft bei Smart Cities, Smart Home oder Mobilität auch für unsere Kunden eine herausragende Rolle. Durch eine fehlend ausgereifte Digitalkultur riskiert die Branche auch die „digitale“ Entfaltung der Nutzer und Kunden. Der Wandel erfordert zudem Resilienz und Agilität – letztlich also die Fähigkeit der Widerstandskraft gegen exogenen Stress durch permanente Anpassungen an gesellschaftliche Trends und technologischer Möglichkeiten.


Zum Inhaltsverzeichnis

Ohne Digital Mindset kein digitales Geschäftsmodell

Autor: Dr. Thomas Herr, EMEA Head of Digital Innovation (CBRE), Vorsitzender ZIA-Arbeitskreis Digitale Geschäftsmodelle

Der Digitalisierungsausschuss des ZIA hat drei Arbeitskreise gegründet um verschiedene Auswirkungen der Digitalisierung auf die Immobilienwirtschaft näher zu beleuchten. Tatsächlich gehören alle drei Aspekte – Daten, Geschäftsmodelle und Digital Mindset – zusammen und bedingen einander. Daten bilden die Grundlage für die neuen, digitalen Geschäftsmodelle, die sich ohne eine Innovationskultur in den Unternehmen – die man auch Digital Mindset nennen kann – nicht entwickeln lassen. Anpassungsfähigkeit, Zusammenarbeit, Teilen, Agilität, Neugier, Fehlerkultur, DevOps – d.h. die permanente Parallelität von (Weiter-) Entwicklung und laufendem Betrieb von Produkten – werden zur Regel und erfordern vor allem von unserer auf Dauerhaftigkeit, Sicherheit und Stabilität getriebenen Branche eine große Umstellung. Dies zeigt sich auch an dem langsamen Fortschritt der Diskussionen, die wir zurzeit bei den Themen Datenverfügbarkeit und Standards haben. Es besteht bei vielen Marktteilnehmern noch die Einstellung, dass der gewinnt, der die Daten besitzt und für sich behält oder der, der die Standards setzt und andere von der Entwicklung ausschließt. In einer Industrie, die sich wie kaum eine andere durch eine Fragmentierung der Wertschöpfungsketten und weitgehend kleinteilige Betriebsstrukturen auszeichnet, sind fehlende Standards und Datenverfügbarkeit jedoch ein Killer für die Digitalisierung.

Florian Stadlbauer hat den Digital Mindset in seinem Gastbeitrag zum Thema Digitale Geschäftsmodelle so beschrieben: „von der Kundenschnittstelle geht das digitale Mindsetting und damit der Transformationsprozess zum digitalen Unternehmen aus“. Sollte da der Wandel nicht problemlos und lediglich eine organische Weiterentwicklung des traditionellen und von den meisten Unternehmen proklamierten „der Kunde zuerst“ Ansatzes sein? Doch die aktuellen Schwierigkeiten der Branche bei der Digitalisierung zeigen, dass es auch mit der Orientierung am Kundennutzen bisher noch nicht weit her gewesen sein kann. Dazu kommt die Einsicht, dass der Kunde nicht mehr nur die Corporate Real Estate Manager sind, die die Mietverträge unterschreiben. Die Basis ist vielmehr viel breiter. Als Kunden müssen wir heute die Mitarbeiter und Gäste in den Büros oder Werkhallen unserer Mieter, die Kunden der Einzelhändler in unseren Shopping-Centern und die Gäste unserer Hotelpächter betrachten. Aus der traditionellen B2B Ausrichtung des gewerblichen Immobiliengeschäfts wird – ermöglicht durch die Individualisierungspotentiale der Digitalisierung – immer mehr ein B2B2C Hybrid.

Wir haben uns im Arbeitskreis Digitale Geschäftsmodelle mit solchen neuen Entwicklungen beschäftigt und herausgearbeitet, dass digitale Modelle u.a. geprägt sind von einem virtuellen Leistungsversprechen, Skalierbarkeit und örtlicher Unabhängigkeit der Leistungserbringung. Alles Kriterien, die für hohe Anforderungen an Flexibilität, Schnelligkeit und dezentrale Entscheidungsfindung sprechen. Alles Eigenschaften, die Teile des Digital Mindset sind. Es wurde im Arbeitskreis weiterhin festgestellt, dass in verschiedenen Bereichen der Immobilienbranche unterschiedliche Potenziale für digitale Geschäftsmodelle liegen – sehr hohe in den Bereichen Finanzierung, Bewertung und Vermarktung, etwas geringere in Projektentwicklung, Planung und Betrieb sowie die geringsten in konkret baubezogenen Geschäftsmodellen.

Je digitaler jedoch ein Geschäftsmodell wird, desto stärker muss im Unternehmen eine neue, auf schnelle Veränderung fokussierte Kultur ausgeprägt sein. „Ein digitales Mindset ist die entscheidende Voraussetzung für eine erfolgreiche Transformation eines Geschäftsmodells in die digitale Welt.“ schreibt Florian Stadlbauer in seinem oben zitierten Beitrag. Wenn die Immobilienunternehmen den Weg der Digitalisierung selber aktiv gestalten und nicht zum Opfer von Disruption gegebenenfalls sogar durch branchenfremde Technologieunternehmen werden wollen, wird dies nicht nur durch die Einführung neuer Technologien gelingen. Es geht primär um ein Umschalten im Kopf von einer auf Stabilität und Bewahrung fokussierten Denkweise auf eine, die Dynamik und Wachstum in den Mittelpunkt stellt. Lassen Sie uns gemeinsam mutiger werden.


Zum Inhaltsverzeichnis

Digitalkultur – worüber reden wir eigentlich?

Autoren: Prof. Dr. Thomas Hess, Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), Institute for Information Systems and New Media | Eva Hartl, Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), Institute for Information Systems and New Media

Das Voranschreiten digitaler Technologien und die damit verbundene digitale Transformation stellt Unternehmen vor viele Herausforderungen, allen voran die eigene Unternehmenskultur. Unternehmenskultur spiegelt die Persönlichkeit eines Unternehmens wider, sozusagen die DNA des Unternehmens, die dieses einzigartig macht und einen Wettbewerbsvorteil darstellt. Insbesondere in umfassenden Transformationsprozessen offenbart sich jedoch die Zweischneidigkeit dieses Wettbewerbsvorteils: Unternehmenskultur fungiert im besten Fall unbemerkt als Katalysator, also Schmiermittel, welches es dem Unternehmen erlaubt, die Transformation voranzutreiben und diese zu unterstützen. Öfter macht sich Unternehmenskultur jedoch als „Sand im Getriebe“ bemerkbar – ein starres Relikt, welches Transformationsprozesse behindert und viel zu oft diese bereits im Keim erstickt. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass sowohl in Umfragen diverser Unternehmensberatungen, in der Presse, wie auch innerhalb vieler Unternehmen selbst der Ruf nach einem nötigen Kulturwandel laut wird. Und dies völlig zurecht: umfassende Transformationen von Produkten, Prozessen und Geschäftsmodellen, wie sie im Zuge der digitalen Transformation nötig sind, sind ohne eine unterstützende Unternehmenskultur als Basis oft zum Scheitern verurteilt und das Potential neuer Technologien bleibt nicht selten unausgeschöpft.

Für eine erfolgreiche digitale Transformation und Bestehen in einer digitalen Welt, ist also ein neues Mindset – eine Digitalkultur – nötig. Doch bevor sich Unternehmen in Change-Maßnahmen stürzen können, gilt es eine grundlegende Frage zu beantworten: worüber reden wir hier eigentlich und was kennzeichnet eine für digitale Transformation adäquate Kultur aus?

Am Institut für Wirtschaftsinformatik und Neuen Medien der LMU München sind wir genau dieser Frage nachgegangen. Als zugrundeliegende Definition haben wir ein wertezentriertes Verständnis von Organisationskultur verwendet: Werte, die innerhalb einer Organisation geteilten Ideale und Verhaltensvorstellungen, leiten das Geschehen in einer Organisation und bestimmen damit deren Kultur. In einer Delphi Studie, ein iteratives Verfahren mit dem Ziel, Expertenkonsens zu einem Thema zu erlangen, haben wir mit 25 Experten aus Praxis und Wissenschaft aus dem deutschsprachigen Raum über insgesamt vier Runden Werte einer idealen Digitalkultur identifiziert, definiert, nach Wichtigkeit kondensiert und abschließend kategorisiert. Untenstehende Abbildung zeigt das Ergebnis im Überblick. Eine in der digitalen Transformation adäquate Unternehmenskultur fußt demnach auf markt- und mitarbeiterorientierten Werten, die in Kombination die Agilität des Unternehmens fördern.

example1

Marktorientiere Unternehmenswerte, welche Innovation, Unternehmertum, das Experimentieren mit neuen Technologien und dem damit verbundenen Eingehen von Risiken und nötige Kundenzentrierung unterstützten, können digitale Innovationen und damit den Erfolg digitaler Transformation maßgeblich unterstützen. Sowohl die digitale Transformation selbst, als auch zunehmend volatilere Unternehmensumfelder fordern von Unternehmen Anpassung und Veränderung ein - Veränderungsbereitschaft und Offenheit für Neues sind hier essenziell. Mitarbeiterorientierte Unternehmenswerte wie transparente Kommunikation und Partizipation unterstützen weiter den Erfolg von Veränderungs- und Transformationsprozessen. Diese Werte stehen dabei nicht alleine, sondern können sich bedingen. Ein Beispiel, wie einzelne Werte zusammenwirken, sind Fehlertoleranz und Mut zum Risiko: diese ermöglichen erst ein Umfeld, in welchem ohne Schockstarre vor möglichem Scheitern auch Risiken eingegangen und neue Ideen und Innovationen generiert werden können. Als weiteres Beispiel wären Mitarbeiter eines kundenzentrierten Unternehmens bemüht, den sich verändernden Kundenanforderungen gerecht zu werden und daher eher bereit, die dafür notwendigen Veränderungen anzunehmen und umzusetzen.

Welche Methoden im nächsten Schritt verwendet werden, um den digitalen Kulturwandel in oben genannte Richtung zu leiten, ist im Wesentlichen von der jetzigen Unternehmenskultur und den Zielen des Unternehmens abhängig. Mit der Einführung agiler Methoden wie z.B. Scrum oder Design Thinking kann der Innovationsprozess reaktiver und kundenzentrierter gestaltet und das damit verbundene Mindset im Unternehmen verankert werden. Agile Methoden basieren jedoch auf Prinzipien der Transparenz und Selbstständigkeit – ist hier der Schritt zur bisherigen Kultur zu groß, ist die Gefahr, dass entsprechende Einführungen scheitern, wenn diese Werte nicht konsequent mit parallelen Change Maßnahmen begleitet werden.

Aus der Kombination der Werte ergibt sich eine Unternehmenskultur, welche in Summe die Agilität des Unternehmens unterstützt – und ähnelt damit dem Vorbild resilienter Organisationen. Der Begriff Resilienz beschreibt in erster Linie die Fähigkeit, auf jedem relevanten Level disruptive Veränderungen zu antizipieren, entsprechend darauf zu reagieren und wenn nötig, sich davon wieder zu erholen. Eben eine derartige Resilienz ist essenziell, um in einem digital disruptierten Umfeld als Unternehmen erfolgreich zu bestehen.

Literatur:

a) Hartl, E. & T. Hess (2017) “The Role of Cultural Values for Digital Transformation: Insights from a Delphi Study.” Tagungsband der 23rd Americas Conference on Information Systems (AMCIS 2017), Boston, USA.

b) Hess, T. (2019) „Der Digitalisierungsprozess: vom Zufallstreffer zum systematischen Vorgehen – Wie Unternehmen die digitale Transformation erfolgreich angehen.“ Springer, Berlin, Heidelberg.


Zum Inhaltsverzeichnis

Digitalisierung ist nicht nur eine Frage der Technik

Autor: Stefan Kögl, Head of Technology & Construction (Siemens Real Estate)

Mit Volldampf überrollt die digitale Revolution derzeit die gesamte Immobilienwelt, rüttelt sie durch und eröffnet Möglichkeiten, von denen viele vor einigen Jahren nicht einmal zu träumen gewagt hätten. Um dabei nicht abgehängt zu werden, reicht es allerdings nicht, mal hier oder da ein bisschen digital(er) zu werden. Digitalisierung geht nicht nur in unserer Branche mit einem gewaltigen Change-Prozess einher. Während wir vielleicht noch versuchen, die Prozesse anzupassen, merken wir, dass wir komplett neue brauchen. Außerdem muss sich der neue digitale Mindset auch in den Köpfen unserer Mitarbeiter entwickeln. Nur so kann die notwendige Unternehmenskultur entstehen, um die digitale Transformation als Chance für die Ausweitung der Geschäftsmöglichkeiten in neue Felder zu nutzen.

Wie das funktionieren kann, zeigen wir aktuell bei unserem Großprojekt Siemens Campus Erlangen, bei dem wir einen 75-Fußballfeld-großen, bisher geschlossenen Siemens-Standort in einen offenen und lebendigen Stadtteil umwandeln. Vom ersten Tag an mit BIM geplant, nutzen wir diese Daten unter anderem auch für eine App-Plattform, die wir zusammen mit einem jungen und innovativen Startup aufgesetzt haben und kontinuierlich weiterentwickeln. Das Besondere daran: die vorhandenen Daten werden automatisch so aufbereitet und durch intuitive User Experience ergänzt, dass komplexe Informationen auch "Nicht-CAD-Spezialisten“ zugänglich und erlebbar gemacht werden können. Auf Smartphone oder Tablet sind sie zudem flexibel, einfach und jederzeit verfügbar. Diese innovative „Zweckentfremdung“ der 3D-Daten aus dem BIM-Prozess eröffnet uns völlig neue Möglichkeiten zur Visualisierung und Kommunikation mit der Öffentlichkeit und den Mitarbeitern am Standort.

Preisgekrönte App

Mit dem Smartphone in der Hand kann so beispielsweise schon heute jeder in kürzester Zeit selbstständig in einer inzwischen sogar preisgekrönten App den zukünftigen Campus virtuell begehen, sich durch einfaches Schwenken in einer virtuellen Welt unter Bäumen auf dem breiten Grünstreifen zwischen den neuen Gebäuden bewegen, deren Fassaden sehen und an einem Café mit Sitzmöglichkeiten im Freien vorbei hin zu den zukünftigen Arbeitsplätzen gehen. Das ist Visualisierung auf Basis digitaler Daten „at its best“.

Gleichzeitig nutzen wir die Daten aber auch für interaktive Begehungen der neuen Gebäude mit den zukünftigen Nutzern. So können sie sich ihre zukünftigen Büroflächen sehr gut vorstellen und bereits konfigurieren, während sich das Gebäude noch im Rohbau befindet. Die Skalierbarkeit der Plattformlösung ermöglicht es uns dabei, neben Anwendungen für Mobilgeräte auch Augmented- und Virtual-Reality-Lösungen beispielsweise mit VR-Brillen zu realisieren.

Digitalisierung in der Fläche

Gleichzeitig kommt die Digitalisierung zusehends auch in der Fläche an. In unseren eigenen Büros in Erlangen testen wir dazu derzeit im Rahmen eines Pilotprojekts die Anwendung verschiedenster Sensoren. „Locator Nodes“ ermitteln anhand von anonym erfassten Smartphones, Tablets und Laptops die Belegung einzelner Office-Flächen. Wärmesensoren über den Eingangstüren der Konferenzräume zählen anhand der Körperwärme die Belegung. Sensoren hinter den Ersatz-Papierstapeln an Druckern ermitteln den Restbestand, der so immer automatisch aufgefüllt wird. Andere Sensoren registrieren, wenn Defibrillatoren, Erste-Hilfe-Sets oder Feuerlöscher entnommen werden und alarmieren automatisch den Notdienst.

Mit den ermittelten Daten können wir beispielsweise die Klimaanlagen effizienter steuern – auch unter Berücksichtigung der Wettervorhersage – oder nur die Flächen reinigen lassen, die auch wirklich genutzt wurden. Selbst die Fahrstühle im Gebäude wurden umfassend mit Sensoren ausgestattet und werden jetzt nach dem Prinzip der „predictive maintenance“ anhand ihres tatsächlichen Zustands und ihrer Nutzung gewartet. Dazu bedienen wir uns auch der MindSphere, dem cloud-basierten, offenen IoT-Betriebssystem von Siemens, das wir für die Auswertung nutzen.

Die Mitarbeiter mitnehmen

So können wir unsere Arbeitsumgebungen und Arbeitsplätze für die Mitarbeiter in Zukunft noch besser gestalten und bieten gleichzeitig neue Ansätze für eine noch effizientere Flächennutzung. Gleichzeitig lernen unsere Mitarbeiter, nicht ausschließlich reaktiv zu handeln, sondern aktiv vorausschauend zu steuern, zu verändern und anzupassen. Denn viele gewohnte Abläufe und Prozesse fallen komplett weg, wenn das Gebäude nicht mehr komplett gereinigt oder das Toilettenpapier automatisch nach Bedarf nachgefüllt wird. Wesentlich ist dabei die Frage wie wir gemeinsam die sich ändernde Umgebung bewältigen und positiv nutzen. Durch die für jeden und überall verfügbaren Daten entstehen neue komplexe Netzwerke über Abteilungen und Teams hinweg. Die Hürden des auch hierarchisch genutzten „Herrschaftswissens“ fallen zusehends weg. Das resultiert in einer völlig veränderten Führungskultur, die sich nicht über die Rolle und Position definiert, sondern über Offenheit, Kollaboration und Förderung der Mitarbeiter. Statussymbole wie Einzelbüros und Dienstwagen gehören der Vergangenheit an. Um eine möglichst hohe Produktivität der Teams zu erreichen, spielt nicht mehr nur die Effizienz, sondern zusehends auch das „Wohlfühlen“ eine entscheidende Rolle. Bei Siemens haben wir dazu unter anderem das offene Siemens Office Konzept in mittlerweile über einer Million Quadratmeter Bürofläche implementiert. Es lässt den Mitarbeitern Freiheiten in der Arbeitszeit- aber auch Arbeitsplatzwahl, denn auf jeder Fläche werden verschiedene Elemente mit unterschiedlichen Qualitäten und Nutzungsmöglichkeiten angeboten. Bei Siemens Real Estate hat zudem nahezu die gesamte Führungsmannschaft ihre Einzelbüros aufgegeben und es werden aktiv junge Kolleginnen und Kollegen in wichtige Entscheidungsprozesse eingebunden.

Eine gehörige Strecke liegt noch vor uns

Das besonders Spannende bei all diesem: Zwar reden alle von der Digitalisierung, vergessen dabei jedoch, dass es sich dabei nicht um etwas Abgeschlossenes, sondern um eine Entwicklung handelt. Wir stecken mitten drin und sie wird auch nicht an einem bestimmten Tag beendet sein.

Gleichzeitig mit den sich daraus ergebenden neuen Möglichkeiten für uns verändern sich dabei auch die Anforderungen unserer Kunden, die genauso wie wir in ihren Geschäften den digitalen Wandel leben und erleben. Wir stehen also auch vor der zentralen Frage, wie wir als Immobilienunternehmen unseren Kunden die bestmögliche Basis für deren sich verändernden Anforderungen bieten können. Und sogar, wie wir auch Lösungen und Services definieren können, von denen unsere Kunden vielleicht noch gar nichts wissen, die ihnen aber Vorteile gegenüber ihren Marktteilnehmern bieten.

Das sind viele kleine Schritte, die aber erhebliche Veränderungen mit sich bringen werden. Insofern sind wir bereits ein gutes Stück des Weges gegangen, aber eine gehörige Strecke liegt noch vor uns.


Zum Inhaltsverzeichnis

Digital Mindset – Kultur, Organisation und Strategie

Autorin: Sandra Günther, Geschäftsführerin (Stoneset Partners)

Auch in unserer Branche ist die digitale Transformation in vollem Gange - gemäß einer jüngsten McKinsey-Studie¹ nutzen deutsche Unternehmen bislang aber nur einen Bruchteil des Digitalisierungspotenzials. Woran liegt das? Neben der Bewältigung des technologischen Wandels gestalten Unternehmen zu wenig einen ganzheitlichen (digitalen) Transformationsprozess: die Anforderungen an Mitarbeiter im Allgemeinen und vor allem an Führungskräfte verändern sich. „Agil“ soll man sein – als Unternehmen, als Führungskraft, als Team. Was genau bedeutet das? Was versteht man unter einem „Digitalen Mindset“?

Man könnte es so zusammenfassen, dass Personen, die ein Digital Mindset haben, offen sind im Hinblick auf den Digitalen Wandel. Der Erfolg in einer digitalen Kultur entsteht durch gemeinsame Arbeit und Informationsaustausch über Abteilungen, Einheiten und Funktionen hinweg.

Wie gelingt es nun jedoch ein Digitales Mindset zu etablieren? Wer sind z.B. auch die relevanten Akteure und welche Voraussetzungen bedarf es? Die Einbindung der Mitarbeiter ist entscheidend für die Gestaltung einer effektiven digitalen Kultur und die Beschleunigung des kulturellen Wandels des Unternehmens. Die Führungsebene und das mittlere Management sind ausschlaggebend. Zunächst sollten die „digitalen“ Ziele dieser neuen Kultur auf der Grundlage der Gesamt-Strategie des Unternehmens identifiziert und festgelegt werden. Viele Unternehmen nutzen sodann die klassischen Ansätze des Change Managements und setzen auf interne Change Agents, Kommunikatoren und Vorbildfunktion. Das Thema „Reverse Coaching“ kann ebenso ein Ansatz sein, um von den sogenannten „Digital Natives“ zu lernen. Ein Erfolgsgeheimnis wird hier sein, dass sich die Mitarbeiter aller Ebenen als Teil der Chance des Wandels sehen, ein Gefühl der Dringlichkeit haben und sehen, dass das Verhalten digitaler Denkweisen allgegenwärtig ist und wie selbstverständlich gelebt wird. Im Arbeitsalltag konkrete Verbesserungen sehen, kann ein solcher Treiber sein, orchestriert durch die jeweiligen Führungskräfte. Ein (digitaler) Kulturwandel kann daher nur zweigleisig gelingen, also sowohl Top-Down als auch Bottom-Up. Agilität ist eine weitere starke Säule, um die digitale Transformation voranzutreiben und es dem Unternehmen zu ermöglichen, sein volles Potenzial auszuschöpfen. Letztlich bedeutet dies, Teams mehr Verantwortung zu geben und die Selbstverantwortung des Individuums zu stärken. Zusammengefasst geht es um drei Kernbotschaften: Aufgabe einer Führungskraft ist es, Mitarbeiter dahin zu entwickeln, sich selbstständig auf Veränderungen einzustellen („mitmachen“), diese zu gestalten („mitgestalten“) und letztlich Lösungen hierfür selbstverantwortlich umzusetzen („mitverantworten“).
Nicht nur für Führungskräfte, sondern für die ganze Organisation bedeutet dies einen Perspektivenwechsel. Teams stehen im Mittelpunkt, ihre gemeinsamen Möglichkeiten und Kräfte. Da sich Unternehmen jeder Form und Größe an ein zunehmend digitales Geschäftsumfeld anpassen (müssen), benötigen sie neue Ansätze zur Führungskräfteentwicklung und zum kontinuierlichen Lernen der Mitarbeiter im digitalen Geschäftsumfeld.

Und eines noch, dieser Wandel wird nicht von heute auf morgen geschehen. Unternehmen brauchen frühzeitig eine Kultur der Offenheit: eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Digitalen Wandel ist nicht eine Unternehmenskultur die von Angst vor Fehlern beherrscht ist, sondern eine, die eine Arbeitsatmosphäre fördert, in der Neugier, Offenheit und Vertrauen maßgebliche Werte sind!

Was heißt das konkret? Der wirkliche Paradigmenwechsel besteht darin, dass man sich auf die Reise begibt, ohne das Zielbild zu kennen. Probieren Sie neue Methoden der Zusammenarbeit aus, seien Sie mutig und ermuntern Sie Ihre Führungskräfte und Mitarbeiter jenseits der ausgetretenen Pfade zu denken. Und am wichtigsten: nehmen Sie Ihre Mitarbeiter mit auf die Reise – Digitalisierung ist eine Chance, die nur gemeinsam genutzt werden kann.

¹ Vgl. McKinsey (2016): Digital Europe: Pushing the frontier, capturing the benefits


Zum Inhaltsverzeichnis

Besonderheiten der Immobilienwirtschaft

Autor: Dr. Alcay Kamis MRICS, Senior Business Consultant (ista International GmbH)

Strategische Fragen stellen sich in der Immobilienwirtschaft oft ganz anders als in anderen Branchen, die Autos, Computer, Kinofilme, Haushaltsgeräte, Süßigkeiten oder pharmazeutische Artikel produzieren. Die Immobilie weist nämlich eine Reihe von Besonderheiten auf, was dazu führt, dass Marktmechanismen, Investitionsentscheidungen und Geschäftsmodelle anders funktionieren als in anderen Branchen: Standortgebundenheit, lange Lebensdauer, lange Produktionsdauer, geringe Elastizität von Angebot und Nachfrage, niedrige Amortisation (mitunter auch mit Anfangsverlusten), hochregulierte Märkte, hohe Transaktionskosten, hohe Abhängigkeit von politischen Entscheidungen und Verwaltungshandeln, hohes Maß an externen (Nachbarschafts-)Effekten und nicht zuletzt Sozialgutcharakter ‒ selbst bei vielen Gewerbeimmobilien. Diese Besonderheiten sorgen dafür, dass viele Modelle der Betriebswirtschaftslehre (vollständige Konkurrenz, homo oeconomicus und andere) in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft nicht so ohne Weiteres anwendbar sind. Trotz aller Digitalisierungseurophie bleibt die spannende Herausforderung, dass am Ende nicht das Produkt als solches (Immobilien) sondern vielmehr die Dienstleistung digitalisiert wird.

Die fortschreitende Digitalisierung der Gesellschaft, und die hiermit einhergehende Digitalisierung der Immobilienwirtschaft, wird durch verschiedene Technologien getrieben. In der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft verstärken sowohl interne als auch externe Treiber die Digitalisierung. Die Studie von Bölting, Königsmann und Neitzel (2016) verdeutlicht, welche Themen im Speziellen die Digitalisierung in der Immobilienbranche vorantreiben. Hinsichtlich der internen Treiber haben insbesondere die Verbesserungen der Prozesse eine wichtige Rolle, wobei die zunehmende Komplexität weniger als interner Treiber angesehen wird. Als externer Treiber wird vor allem der Kunde genannt, welcher sich in seinem Erwartungs- und Kommunikationsprofil verändert hat. Die Zunahme der Internationalisierungsaktivitäten übernimmt hingegen eine weniger wichtige Bedeutung.

Die Digitalisierung lässt insbesondere die Ansprüche der Kunden steigen. Noch in den vergangenen Jahren konnten sich Unternehmen aus der Immobilienwirtschaft auf die Loyalität der Kunden verlassen. Dies scheint nun nicht mehr der Fall zu sein. Aufgrund der zunehmenden Nachfrage digitaler Produkte und Dienstleistungen verlieren bisherige Angebotsstrategien an Bedeutung. Digitale Angebote hingegen werden stark favorisiert. Somit kommt der Anstoß zur digitalen Transformation weniger aus dem Unternehmen heraus, sondern vielmehr aufgrund der Kunden, die die Unternehmen zwingen, sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen. Demzufolge treibt der Kundennutzen die Digitalisierung voran. Ein Unterschied ist im Speziellen bei kleinen und größeren Unternehmen zu erkennen. Kleinere Unternehmen werden durch die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt zu einer digitalen Transformation getrieben, während größere Unternehmen eher aus eigenem Antrieb handeln. So beanspruchen 79 Prozent der Unternehmen ab 5.000 Wohnungen für sich, „Vorreiter“ der Digitalisierung für die Wohnungswirtschaft zu sein, über alle Befragten sind es hingegen nur 38 Prozent (Deeg & Trunec 2018). Zudem konnte in dieser Untersuchung analysiert werden, dass die Treiber der Digitalisierung aus unternehmerischer Sicht von der Entwicklung mobiler Endgeräte angeführt werden.

Diese Gegebenheiten führen auch dazu, dass sich viele Immobilien-Start-ups, sogenannte PropTechs, in den Markt drängen. Diese Technologieunternehmen sind meist branchenfremde Teilnehmer, die jedoch eine ernstzunehmende Konkurrenz für die klassischen Immobilienunternehmen darstellen. Möchten klassische Unternehmen der Immobilien- und Wohnungswirtschaft jedoch weiterhin bestehen, so müssen sie aus der Defensive raus und der digitalen Transformation Zutritt gewähren. Ein Paradigmenwechsel ist längst überfällig. Ferner besteht die Herausforderung darin, Transparenz in der sich sehr dynamisch entwickelnden PropTechs-Landschaft herzustellen. Dies scheint jedoch nur schwer möglich zu sein, da in diesem sehr jungen PropTechs-Markt in immer kürzeren Abständen neue Anbieter auf dem Bildschirm erscheinen. Deeg und Trunec (2018) gehen davon aus, „dass sich zukünftig eine Marktkonsolidierung ergeben und der Markt sich weiter entwickeln wird. Insbesondere die Angebote, die durch die Einführung des Bestellerprinzips lanciert wurden, weisen eine stärkere Anbieterdichte auf. Es kann erwartet werden, dass es zu einer weiteren Professionalisierung der Angebote und in der Folge zu einer fortschreitenden Marktkonzentration kommen wird.

Die digitale Transformation macht auch nicht vor der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft halt. Obwohl in den vergangenen Jahren eine rasante technologische Entwicklung zu beobachten ist, ist in diesem Bereich nur ein langsames Voranschreiten erkennbar. Dabei verfügen Immobilien in der Regel über die zentralen Eigenschaften, die eine Digitalisierung sinnvoll erscheinen lassen. So können mit Hilfe der Digitalisierung umfangreiche Prozesse und komplexe Produkte optimiert werden (Vornholz 2017). Es sind, so wie auch in anderen Branchen, Digitalisierungstendenzen in der Immobilienwirtschaft zu beobachten, welche sich zukünftig verschärfen werden. So spielen seit geraumer Zeit die digitale Verarbeitung von Unternehmensinformationen sowie die datengestützte Auswertung von Prozessen und Abläufen eine zentrale Rolle.


Zum Inhaltsverzeichnis

Digital Mindset: Das magische Dreieck aus Kultur, Organisation und Strategie

Autor: Dr. Alexander Hellmuth, Manager (Ernst & Young Real Estate)

Die rasant fortschreitende Digitalisierung fordert und fördert Unternehmen über alle Sektoren hinweg. Sie stellt eine der größten Herausforderungen an Arbeitgeber und Arbeitnehmer unserer Zeit dar und verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, zum Teil drastisch. Dennoch gilt es, Ruhe zu bewahren und eine stringente Strategie zu entwickeln, die alle mitnimmt. Schließlich ist die digitale Transformation des Unternehmens eine Mammutaufgabe, die alle gemeinsam meistern können und müssen. Es gilt, ein unternehmensweites digitales Mindset zu entwickeln, das Potenziale erkennt und neue Möglichkeiten anwendet. Alleingänge bewirken nichts.

Wir sitzen alle im gleichen Boot

Die digitale Transformation ist eine organisatorische Veränderung, die sowohl interne als auch externe Parteien eines Unternehmens betrifft. Damit wird sie zu einer originären Führungsaufgabe: Digitalisierung ist somit Chefsache. Das Management muss einerseits finanzielle Kapazitäten für digitale Initiativen schaffen und andererseits diesen Organisationseinheiten im unternehmerischen Alltag den Rücken stärken. Mehrere Unternehmen suchen aus diesem Grund Führungskräfte speziell in diesem Bereich. So sind Berufsbezeichnungen wie „Chief Digital Officer“, „Head of Digitalization“ oder „Innovationsbeauftragter der Geschäftsführung“ längst keine Seltenheit mehr – und auch zunehmend in der Immobilienwirtschaft zu finden. Mitarbeiter erhalten damit einen Hauptansprechpartner in der Unternehmensführung, der für sämtliche Sorgen, Nöte und auch Ängste zur Verfügung steht. Nur so kann ein Change Management funktionieren. Doch die Kommunikation in nur eine Richtung reicht nicht aus. Um eine Digitalisierungsstrategie erfolgreich umsetzen und alle Potenziale optimal nutzen zu können, braucht es alle Stakeholder. So sind etwa Lieferanten, Kunden und Auftraggeber ebenso ausführlich zu informieren wie etwa der Aufsichtsrat und Aktionäre. Die Digitalisierung kann jedem dieser Stakeholder nutzen, das sollte entsprechend aufgezeigt werden. Schließlich sitzen wir alle im gleichen Boot.

Structure follows Strategy

Strukturen und Prozesse innerhalb der Organisation sind maßgebliche Erfolgsfaktoren bei der Umsetzung solcher Veränderungen. Im Rahmen der digitalen Transformation empfiehlt es sich, die Organisation in einer Form zu strukturieren, die es ermöglicht, zu Veränderungen zu motivieren. Es gilt, eine maximale Flexibilität bei minimal notwendiger Struktur zu gewährleisten.

Im Hinblick auf die Planung der Unternehmensstrategie und das damit verbundene erfolgsversprechende Organisationsdesign müssen zunächst externe Faktoren betrachtet werden, die einen Einfluss auf die Organisation als Ganze ausüben und maßgeblich deren Agieren und Reagieren bestimmen. Im Kontext der digitalen Transformation wird dabei häufig auf das VUCA-Model verwiesen. VUCA ist ein Akronym und setzt sich aus den englischen Begriffen Volatility, Uncertainty, Complexity and Ambiguity zusammen. Grundsätzlich bezeichnet VUCA einen Umstand an Konditionen, die heute maßgeblich der Beschreibung der externen Umwelt dienen.

  • Volatility meint dynamische Veränderungen des Marktes, wohingegen
  • Uncertainty die Unvorhersehbarkeit von externen Ereignissen beschreibt.
  • Complexity umfasst die Vielzahl und Komplexität an externen Einflussfaktoren sowie deren Verknüpfung untereinander.
  • Ambiguity meint hingegen den grundsätzlichen Zustand der Unklarheit über die Gesamtsituation.
Organisationen müssen heute in der Lage sein, aktiv diese externe Dynamik und Unberechenbarkeit zu managen. Hierbei gibt es verschiedene organisatorische Ansätze, um die Chancen der digitalen Transformation effektiv zu nutzen und zugleich damit verbundene Herausforderungen zu meistern. So könnten etwa der Aufbau eines internen Innovation Labs, die Bildung einer digitalen Geschäftseinheit innerhalb einer bestehenden Organisation oder die schrittweise Digitalisierung aller Geschäftsbereiche mögliche Potenziale für Unternehmen bieten. Da jede Organisation individuell ist, gibt es jedoch keinen goldenen Weg für eine erfolgreiche digitale Transformation. Führungskräfte müssen eigene Wege finden, um ihre unternehmerische Strategie zu verfolgen. Dennoch lohnt es sich wie so oft, von Erfahrungen, Fehlern und Erfolgen anderer zu lernen.

Führen durch Vorbild

Die Konzeption der Organisationsstruktur umfasst nicht nur das grundlegende Organisationsdesign, sondern auch eine entsprechende Zuteilung von Rollen und Verantwortlichkeiten. Da die digitale Transformation längst auf der strategischen Agenda vieler Unternehmen fest verankert ist, hat die Unterstützung des Managements höchste Priorität. Dabei ist organisatorisch insbesondere sicherzustellen, dass es klare Verantwortlichkeiten für den Veränderungsprozess gibt. Doch auch das effektivste Management ermöglicht nur dann den Transformationserfolg, wenn auch die Mitarbeiter der Organisation überzeugt sind. Diese sind beispielsweise kontinuierlich über den Veränderungsprozess zu informieren. So bietet es sich an, bereits in der Frühphase der Strategieentwicklung Mitarbeiter einzubinden. Hierzu dienen Workshops, Schulungen und ein organisationsweiter Wissenstransfer. Arbeitnehmer sind die Grundlage des wirtschaftlichen Erfolgs und müssen verstehen, wieso die digitale Transformation entscheidend für die Zukunft des Unternehmens ist. Die Organisation muss Möglichkeiten bieten, dass sich alle Mitarbeiter aktiv einbringen können, beispielsweise in Form eines offenen und flexiblen Ideenaustauschs. Kritik muss ebenso erlaubt werden wie eigene Vorschläge für die Strategie. Jeder muss sich ernst genommen fühlen. Dieser Impuls muss von oben erfolgen.

Digital Mindset: Aus Fehlern lernen

Wie bereits erwähnt, entwickelt sich das digitale Mindset einer Organisation schrittweise. Bestandteile eines digitalen Mindsets sind unter anderem ein agiles Management und die Etablierung einer modernen Fehlerkultur. Agilität gehört zu den Schlagwörtern der Digitalisierung von Unternehmen. Agilität meint, simpel ausgedrückt, flexibel zu denken, offen für Ideen zu sein und zu experimentieren, aus Erfahrungen zu lernen, Fehler zu akzeptieren und zu nutzen. Dabei wird häufig auch vom Out-of-the-Box-Thinking gesprochen, zu Deutsch über den Tellerrand zu blicken. Um eine Organisation agiler zu machen, gibt es unterschiedliche Methoden und Tools. Sämtliche Ansätze verbindet jedoch der Fokus auf die folgenden drei Bereiche:

  • Networking: Aufbau eines Netzwerks und Zusammenarbeit zwischen internen und externen Parteien (beispielsweise direkte Zusammenarbeit mit Kunden)
  • Offenheit: Offener Austausch von Ideen und Lösungsansätzen sowie gemeinsame Diskussion
  • Partizipation: Hoher Grad an Interaktion zwischen Individuen
Demnach fördert eine digitale Organisation eine Kultur des Lernens. Hierzu gehört der oben genannte Ansatz der Fehlerkultur: Fehler werden nicht zwangsläufig negativ betrachtet. Es gilt, diese zu akzeptieren und zu nutzen. Insbesondere vor dem Hintergrund des offenen und flexiblen Denkens und des fortwährenden Experimentierens und Testens ist die Akzeptanz von Fehlern essentiell.

Digitale Transformation ist eine Aufgabe für alle

Zusammenfassend gibt es nicht die eine Maxime, um eine erfolgreiche digitale Transformation durchzuführen. Es bedarf vielmehr einer an die Organisation und ihre Umwelt angepasste Strategie, die nicht nur das Management sondern die gesamte Mitarbeiterschaft trägt und verfolgt. Kern des digitalen Mindsets ist am Ende des Tages, ein einheitliches Werteverständnis in die Unternehmenskultur zu etablieren und so gemeinsam in die digitale Zukunft des Unternehmens zu blicken.


Zum Inhaltsverzeichnis

Digital Mindset – Freizeit vs. Beruf

Autor: Matthias Thomas Münch, Account Executive Europe (Yardi Systems)

Im Jahr 2019 kann man eines mit Sicherheit sagen: Die Welt ist vollständig im digitalen Zeitalter angekommen. Laut einem kürzlich veröffentlichten Bericht von Hootsuite nutzen 67 Prozent der Weltbevölkerung mobile Geräte und 57 Prozent das Internet. Das sind insgesamt etwa 4,38 Milliarden Webnutzer. In Westeuropa haben 95 Prozent der Bevölkerung Zugang zum Internet.

Dem „Manifest 2018 Consumer App Survey“ zufolge nutzen rund 51 Prozent der Befragten ein- bis zehnmal pro Tag Apps. Ende 2018 waren auf Google Play und im Apple App Store etwa 4,1 Millionen Apps verfügbar.

Für die Nutzer ist es mittlerweile selbstverständlich, in einer vollständig digitalisierten Welt zu leben. Die Erwartungshaltung wird immer größer und die Menschen sind schnell frustriert, wenn sich für bestimmte Aufgaben keine App finden lässt. Die Erwartung, innerhalb von Sekunden sofortigen Zugriff auf Millionen von Daten zu praktisch jedem Thema zu haben, ist zur neuen Norm geworden.

Die Recherche im Internet gehört zum Alltag, egal ob es um ernste Themen oder Unterhaltung geht. Das Internet hilft uns, unser tägliches Leben zu gestalten und zu organisieren. Dank sofortiger Recherche können wir faktenbasierte Entscheidungen treffen, uns bilden und unseren eigenen Lebensstil entwerfen.

Die Liste an Apps, die unser Leben verändern – oder sogar verbessern –, ist schier endlos. Nehmen wir zum Beispiel das Reisen. Wir können schnell nach einem Urlaubsziel suchen, Unterkünfte finden, den Transport von Tür zu Tür recherchieren und buchen, unser Programm aufstellen und planen, welche Orte und Restaurants wir besuchen wollen, und sogar die voraussichtlichen Wetterbedingungen vor Ort prüfen. Kurzum: Die perfekte Reise lässt sich innerhalb kürzester Zeit von überall aus planen.

Die Liste an Beispielen ließe sich fast endlos fortführen, egal, ob es um die Verwaltung des Bankkontos, das Bestellen von Lebensmitteln inklusive Lieferung durch einen Roboter, das Steuern von Beleuchtung, Zugangskontrolle und Sicherheitstechnik des eigenen Zuhauses, das Buchen eines Haustier- oder Babysitters, das Kommunizieren mit Freunden auf der ganzen Welt oder die Beförderung von einem Ort zum anderen geht. Die Verbraucherzufriedenheit wird letztlich dadurch erreicht, dass wertvolle Daten verfügbar und leicht zugänglich sind. Die Anbieter dieser technologiebasierten Services haben das Potenzial von Daten erkannt, bevor ihr Nutzen Realität wurde. Auf dieser Grundlage haben sie äußerst effektive Strategien entwickelt, die zur New Economy geführt und unser Leben verändert haben.

Als Verbraucher ziehen wir also aus Daten, die durch Technologie gewonnen werden, umfassenden Nutzen. Können wir das Gleiche jedoch auch in unseren vielfältigen Rollen als Akteure in der Immobilienbranche behaupten?

Ebenso wie für Verbraucher und Technologiekonzerne werden auch in der Immobilienbranche hinter den Kulissen große Datenmengen generiert. Dies hilft Bauunternehmern, Vermögens- und Objektverwaltern, Investoren, Analysten und vielen weiteren Beteiligten. Von einzelnen Mietverträgen über gesamte Objekte bis hin zu kompletten Portfolios: Das Volumen an verfügbaren Daten in der Immobilienbranche ist riesig.

Wenn wir dasselbe intuitive, komfortable App-Erlebnis bieten wollen, das wir aus unserem täglichen Leben gewohnt sind, müssen wir den umfassenden Nutzen der Daten ausschöpfen. Wir müssen eine zentrale Informationsquelle schaffen, in der Geschäftsdaten vereint und in Echtzeit einfach abrufbar sind.

Sobald die Daten aufbereitet und nutzbar sind, lassen sich dank der nahtlosen Verflechtung von rollenbasierten Apps die täglichen Aufgaben effektiver ausführen und enormer Mehrwert generieren.

Ob für Investment- oder Assetmanager, Objektverwalter, Facilitymanager, Makler oder Mitarbeiter vor Ort: Rollenbasierte Apps führen zu höherer Produktivität, ermöglichen wertvolle Services für Mieter und Investoren, helfen bei einer besseren strategischen Planung, verbessern den Ruf, schaffen einen Wettbewerbsvorteil und ermöglichen höhere Gewinne.

Bei der Entwicklung aller Apps wird jeweils die individuelle Mitarbeiterrolle berücksichtigt. Aber was vielleicht noch wichtiger ist: Die Apps werden so konzipiert, dass sie vollständig vernetzt sind und so alle betriebswirtschaftlichen Kerndaten nutzen können. Statt sich in ein System einzuloggen und mehrere verschiedene Datenbanken zu durchforsten, um die benötigten Informationen zu finden, können Immobilienexperten auf einem Dashboard sofort erkennen, was sie zu tun haben – und ihre Arbeit schneller als je zuvor erledigen.

Die Immobilienbranche muss ihre Haltung in dieser neuen datengetriebenen Ära ändern. Anstatt zu versuchen, unsere heutige Arbeitsweise zu digitalisieren, müssen wir die Möglichkeiten eines Arbeitens in einer Industrie in Betracht ziehen, in der Daten reichlich verfügbar sind.
Wie möchten wir über Themen informiert werden, die für unsere berufliche Verantwortung von Belang sind? Wie werden sich diese Verantwortlichkeiten ändern, wenn Daten, die zuvor nicht berücksichtigt wurden, relevant oder sogar entscheidend sind? Wie werden sich Geschäftsmodelle deshalb anpassen?
Es liegen interessante Zeiten vor uns. Nicht im nächsten Jahrzehnt, nicht im nächsten Jahr, sondern heute, denn bereits heute sind die Daten als auch die Technologie verfügbar.


Zum Inhaltsverzeichnis

Die Geschichte einer Transformation

Autor: Uwe Brodtmann, CEO (Solutiance AG)

Wie alles begann

Im Jahr 1992 gründete Andreas Rödel die ITD GmbH. Rödel hatte in Clausthal und Berlin Bergbau studiert und war damals, wie noch heute, ein unternehmerischer Erfinder. Um seine hoffnungsvollste Entwicklung, ein Leakage-Warnsystem für Deponieabdichtungen, zu vermarkten überzeugte er seinen Freund Uwe Brodtmann davon, gemeinsam das Unternehmen weiter zu entwickeln. Brodtmann hatte nach einer Bankausbildung ein BWL-Studium an der WHU absolviert und war im Jahr 1993 Leiter einer Landesgeschäftsstelle der Debeka Versicherung. Die gemeinsame Firma hieß fortan Progeo Geotechnologie GmbH. In den folgenden Jahren entstanden aus dem Warnsystem für Deponien auch Monitoringsysteme für Bauwerksabdichtungen wie z.B. Wasserbecken, Tunnel und nicht zuletzt Flachdächer. Insbesondere der Markt für Flachdächer schien gewaltige Wachstumspotenziale zu bieten.

Unter diesem Eindruck und begünstigt von der Entwicklung der Finanzmärkte gründeten Rödel und Brodtmann die Progeo Holding AG, die sie im Oktober 1997 an die Börse brachten. Die operative Gesellschaft wurde im Zuge dieser Veränderung in Progeo Monitoring GmbH umbenannt, weil man nun nicht mehr nur in der Geotechnik unterwegs war.

Die Wachstumserwartungen des immer noch jungen Unternehmens waren getragen von der initialen Resonanz der Bau- und Immobilienwirtschaft auf die neuen Möglichkeiten der Überwachung des Problembauteils Flachdach. Schon bald zeigte sich aber, dass die Bereitschaft der Bauherren Geld für mehr Sicherheit auszugeben, kleiner war, als die Hoffnung, dass bei dem gerade jetzt anstehenden Bauwerk schon nichts passieren würde.

So kam es, dass der Aufsichtsrat der Progeo Holding AG im Jahr 1999 Brodtmann durch ehemalige McKinsey Berater ersetzte, die das Unternehmen auf Kurs bringen sollten. Schon sehr bald war klar, dass die Herausforderungen des Marktes auch mit einem anderen kaufmännischen Management nicht zu lösen waren. Die neuen Vorstände verließen das Unternehmen nach wenigen Monaten wieder.

Technologie als Treiber

Als alleiniger Vorstand richtete Andreas Rödel das Unternehmen an den Gegebenheiten des Marktes aus. Er versuchte, mit neuen technischen Lösungen neue Märkte zu erschließen und in bestehenden Märkten für eine höhere Akzeptanz und Marktgängigkeit der Produkte zu sorgen. Dabei war das Unternehmen weiterhin innovativ und nutzte die technischen Möglichkeiten der Digitalisierung. Eine Wende schien gekommen, als am 2. Januar 2006 das Dach der Eishalle in Bad Reichenhall einstürzte und 15 Menschen dabei ums Leben kamen. Für eine kurze Zeit wurde der Ruf nach Monitoringsystemen für Dachabdichtungen laut und Progeo hatte die entsprechenden Lösungen. Die Hoffnung auf einen Aufschwung war jedoch nur von kurzer Dauer. Zu oft setzten Bauherren weiter auf das Prinzip Hoffnung, als auf die Monitoringsysteme von Progeo. Und so blieb das Geschäft mit Flachdächern über die Jahre schwierig und das Geschäft mit Deponien ging zurück, weil immer weniger gebaut wurde. Das Unternehmen stand vor der Frage, wie man eine Zukunft gestalten könnte. So kam es, dass Andreas Rödel am Ende eines Gedankenaustauschs bei einigen Gläsern Rotwein seinen Freund Uwe Brodtmann fragte, ob er sich vorstellen könne, wieder ins Unternehmen zurück zu kommen.

Zum Zeitpunkt des Anstoßes von Rödel im Jahr 2014 hatte Brodtmann als CEO von Softwareunternehmen die Entwicklung der Digitalisierung in der Automobilindustrie hautnah erlebt. Dabei hatten ihn unter anderem die Jahre im Umfeld des Hasso Plattner Instituts und der angegliederten Design School beeinflusst.

Der erste Schritt zum Digital Mindset

Am 1. Juli 2015 starteten Rödel und Brodtmann die neue Zusammenarbeit als Vorstände der Progeo Holding AG und Geschäftsführer der Progeo Monitoring GmbH. Sie starteten mit der Hypothese, dass die fortschreitende Miniaturisierung, die dramatische Kostenreduzierung von Sensoren und Sendetechnologien und die zunehmende Digitalisierung des gesamten Lebens zu einem Aufschwung der Monitoringsysteme führen müsste. Wenn IoT auf dem Vormarsch ist, hat Progeo Erfahrungen im Bereich Sensorik in Bauwerken und entsprechende Produkte zu bieten.

Aber nach wie vor war die Technologie der Treiber für die Entwicklung des Unternehmens. Das änderte sich im Frühjahr 2016, als sich abzeichnete, dass der Absatz von Monitoringsystemen auch mit Onlineanbindung und Zugang per Smartphone nicht das für den langfristigen Fortbestand des Unternehmens nötige Wachstum schaffen würde. Diese Situation führte bei Rödel und Brodtmann zu einer Veränderung der Perspektive, die vermutlich ein wichtiges Merkmal eines Digital Mindset ist.

Im Frühjahr 2016 fingen Rödel und Brodtmann an, nicht mehr technische Lösungen anzubieten, sondern Kunden zu fragen, was ihre Probleme sind. Die Frage lautete: „Liebe Kunden, wenn Sie sehen, was wir machen und gut können, wo gibt es bei Ihnen Probleme, von denen Sie denken, dass wir sie lösen können?“ Die Antworten waren mehr oder weniger übereinstimmend: „Ganz ehrlich Jungs, Eure Monitoringsysteme, die sind ja wirklich nicht schlecht. Aber die bauen wir vielleicht im Dach auf dem Rechenzentrum ein, oder über dem Showroom. Aber in den anderen 153 Gebäuden, da machen wir das nicht. Aber wir haben auf jeden Fall Probleme mit Flachdächern. Wenn Ihr Euch was Schlaues einfallen lasst, wie man das im Zuge der Instandhaltung intelligenter machen kann, dann ist das auf jeden Fall interessant.“

Und so entwickelte Progeo ein Konzept für die Instandhaltung von Flachdächern und ging damit wieder zurück zu Kunden mit der Frage: „Meinen Sie das so?“ Da, wo die Antwort „Ja.“ lautete, fragte Progeo nach einem bezahlten Pilotprojekt, um zu testen, wie hoch das tatsächliche Interesse ist. Die ersten Projekte kamen von renommierten Unternehmen und der öffentlichen Hand.

Der Beginn der Transformation

Für die Umsetzung des Konzepts für eine effiziente Instandhaltung von Flachdächern brauchte es nun aber andere Kompetenzen sowohl auf der Hardware-, als auch auf der Softwareseite. Die fand Progeo über Brodtmanns Kontakte ans Hasso Plattner Institut in Potsdam. Die Conclutec GmbH, gegründet von Jonas Enderlein und Robin Jörke, beide Absolventen des HPI, hatte von Hasso Plattner Ventures eine erste kleine Finanzierung erhalten und damit eine Software für eine digitale Signatur entwickelt. Enderlein und Jörke waren von der Idee begeistert, mit ihrem Team eine Plattform für die Instandhaltung von Flachdächern zu entwickeln, und so begann im Sommer 2016 die Zusammenarbeit zwischen Progeo und Conclutec.

Kern des Konzepts war die Erfassung von Zuständen auf Flachdächern mit Hilfe von 360° Kameras und Detailfotos per Handykamera, die mit Hilfe von hochauflösendem GPS auf 10 cm genau lokalisiert werden können. Auf Basis dieser Informationen sollten im Nachhinein am Rechner Experten Bauteile und Schäden kategorisieren und Kostenschätzungen abgeben. Ein wichtiger Schritt bei der Vermeidung und Prognostizierung von Schäden.

Ein Vorteil in der neuen Konstellation war der Umstand, dass die ersten Prototypen für echte Kunden entwickelt wurden. Waren die ersten Piloten noch auf Basis einer Power Point Präsentation gewonnen worden, so wurden weitere Kunden bereits auf Basis eines MVP (Minimum Viable Product) akquiriert. Dieser nächste Baustein eines Digital Mindset, der für das Team Conclutec aufgrund ihrer Ausbildung selbstverständlich war, hielt nun Einzug bei Progeo und deren Kunden.

Die nächsten Entwicklungsschritte konnten nun bereits systematischer auf Basis des Feedbacks von Kunden umgesetzt werden. Zudem wurde der Input der eigenen Mitarbeiter aufgenommen, die die Dächer mit Hilfe von Kameras und Apps vor Ort erfassen und der Kollegen, die hinterher am Rechner die Auswertung machen.

Die Umsetzung der Transformation

Im Jahr 2017 machte die Progeo Holding AG zwei weitere große Schritte auf dem Weg der Transformation. Der erste war die Umfirmierung in Solutiance AG. Die Marke Solutiance ist ein Kunstwort, das sich aus den Teilen Solutions und Maintenance (Wartung / Instandhaltung) zusammensetzt. Es spricht sich aber wie das Wort Solutions. Mit der Umfirmierung in Solutiance AG war der erste Schritt zu einer Neupositionierung sowohl am Kapitalmarkt (die Aktie hatte inzwischen bereits einen erfreulichen Aufschwung genommen) als auch am Markt für Kunden geschafft. Im nächsten Schritt übernahm die Solutiance AG die Conclutec GmbH gegen die Ausgabe neuer Aktien an die beiden Gründer Jonas Enderlein und Robin Jörke. Die Conclutec GmbH hieß fortan Solutiance Systems GmbH.

Im Frühjahr 2018 folgte der Verkauf der Progeo Monitoring GmbH an Andreas Rödel, der in diesem Zusammenhang sein Vorstandsmandat in der Solutiance AG niederlegte. Rödel ist weiterhin Aktionär der Solutiance AG und dem Unternehmen freundschaftlich verbunden. Im Juli 2018 wurde Jonas Enderlein zum Vorstand der Solutiance AG bestellt.

Digital Mindset bei Solutiance

Die neue Solutiance AG mit ihren operativen Tochtergesellschaften ist vollständig fokussiert auf das Geschäft mit softwarebasierten Dienstleistungen für den Betrieb von Immobilien. In diesem Zusammenhang kommen mit Design Thinking und Business Process Modeling Methoden zum Einsatz, die ebenfalls Elemente eines Digital Mindsets sind. Dabei arbeiten Menschen aus unterschiedlichen Disziplinen daran, gemeinsam bessere Lösungen zu entwickeln. Ein Prozess, in dem immer wieder Welten aufeinanderprallen, wenn z.B. Handwerker und Ingenieure mit Produktmanagern und Entwicklern diskutieren.

Eine Erkenntnis, die das Team bei Solutiance in internen Diskussionen und im Austausch mit Kunden und Partnern gewonnen hat, ist, dass mehr Software und Technik nicht unbedingt zu besseren Lösungen führen. Digital Mindset bedeutet bei Solutiance die absolut neuesten technischen Möglichkeiten zu kennen, zu wissen, wo man sie heute einsetzen kann und zu antizipieren, was man heute tun muss, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Es ist aber klar, dass die Lösung des Problems im Vordergrund stehen muss und nicht die theoretischen technischen Möglichkeiten. Daran scheitern reine Software- und Technologieprojekte immer wieder.

Solutiance bietet heute hybride Lösungen aus Dienstleistung von Menschen vor Ort und Bereitstellung von Informationen per Software. Kunden bezahlen nur für die Dienstleistungen, haben aber über Software vollständige Transparenz. Zusätzlich zum Dachmanagement 4.0 hat sich das Unternehmen inzwischen auch zum Lösungsanbieter rund um das Thema Management von Betreiberpflichten entwickelt. Kunden, die die Entwicklung von Solutiance erlebt haben, sind die besten Impulsgeber. Sie wissen, dass ein interdisziplinäres Team daran arbeitet, ihre Perspektiven zu verstehen und in Lösungen umzusetzen.

Die Teams bei Solutiance arbeiten in einer Atmosphäre, bei der alle Beteiligten vom Vorstand bis zum Werkstudenten auf Augenhöhe in Diskussionen gehen. Die bessere Idee gewinnt. Manches muss man probieren, wenn man nicht weiß, was die beste Lösung ist. Und es darf gestritten werden. Am Ende müssen aus Ideen und Konzepten erfolgreiche Business Cases werden.

Der Maßstab für einen erfolgreichen Business Case sind dabei die drei Dimensionen, Qualität der Leistungen, Aufwand / Kosten der Umsetzung und Transparenz im Sinne von einfachem Zugang von Informationen für alle Stakeholder. Und der ultimative Maßstab für den Erfolg ist die Bereitschaft des Kunden dafür einen auskömmlichen Preis zu zahlen.

Und was lernen wir daraus

Die Transformation von Progeo zu Solutiance ist, insbesondere aus der Perspektive großer Unternehmen, sehr schnell gegangen. Die Geschwindigkeit, mit der sich Solutiance jetzt entwickelt ist, ist rasant. Eine solche Entwicklung ist für große Unternehmen kaum möglich. Was das Management in großen Unternehmen aber systematisch fördern kann, ist der Einsatz von relevanten Methoden und die Schaffung einer Unternehmenskultur, die Teams dazu motivieren, den Problemen ihrer Kunden auf den Grund zu gehen.

Der Prozess des gemeinsamen Entwickelns neuer Lösungen ist für Mitarbeiter und Kunden, die ja alle Menschen sind, eine spannende Erfahrung. Es macht Spaß, neue Wege zu gehen. Am besten passiert das aber schon, bevor ein Unternehmen, oder eine Geschäftseinheit in Probleme läuft. So lange noch Geld verdient und investiert werden kann, sind die Spielräume da. Der Methodenkasten ist da, es gibt Beratungsunternehmen, die dabei unterstützen. Aber es braucht den Willen in Unternehmen, die Mitarbeiter auf eine spannende Reise mitzunehmen. Solutiance zeigt, dass auch Mittfünfziger aus dem Handwerk noch viel Spaß daran haben, neue Wege zu gehen.


Zum Inhaltsverzeichnis

Digitalisierung in Unternehmen als Herausforderung und Chance

Autor: Heiner Hutmacher, Geschäftsführer Centermanagement (HBB Centermanagement GmbH)

Der technologische Umbruch schreitet mit exponentieller Geschwindigkeit voran und generiert neue Impulse und Chancen. Neue Ideen werden sich – teilweise disruptiv – durchsetzen. Andererseits wird es vermeintlich sehr ertragreiche Ansätze und Trends geben, die aber nur kurzfristig von Bestand sind. Allein schon um einschätzen und bewerten zu können, welche Technologie, welches Produkt oder welche Dienstleistung sich langfristig behauptet oder ob es sich nur um einen kurzlebigen Trend handelt, werden neue Organisationsstrukturen in Unternehmen erforderlich sein. Dafür winkt aber die Aussicht auf höhere Profitabilität, Effizienz und gesteigerten Unternehmenswert.

In einer Welt des schnellen Wandels, der neue Geschäftsfelder hervorbringt und bestehende Strukturen in Frage stellt oder gar überflüssig macht, haben auch große Unternehmen die Möglichkeit, sich permanent neu zu erfinden. Die Herausforderung für das Management und die Personalführung ist dabei, sich auf dieses dynamische Umfeld einzustellen, um auch in Zukunft erfolgreich agieren zu können. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, ist der Kunde mit all seinen Wünschen in den Mittelpunkt der strategischen Überlegungen zu stellen. Entscheidungen zu Dienstleistungen und Produktentwicklungen bis hin zu kompletten Geschäftsmodellen müssen von den Unternehmensbereichen entwickelt werden, die mit ihm in täglicher Beziehung stehen. Die Beobachtung von Veränderungen und deren Analyse ¬– nicht nur auf dem eigenen Markt – sowie der ungehinderte Austausch von Ideen wird in Unternehmen zukünftig mehr Relevanz und größeren Raum bekommen und unternehmensweit organisiert sein. Dies kann nicht ausschließlich auf den Schultern der Unternehmenselite oder -führung ruhen.

Für die Einführung von digitalen Prozessen ist es aus Sicht der Praxis erforderlich, dass sie von Personen initiiert und vorangetrieben wird, die über das entsprechende Know-how verfügen und aufgrund ihrer Berufserfahrung und Marktkenntnis die zu erwartenden Herausforderungen und relevanten Optionen kennen. In interdisziplinären Teams mit klaren Budgets, Verantwortlichkeiten und Zielsetzungen lassen sich Digitalisierungs-Projekte planen, in Testläufen verifizieren und erfolgreich über das gesamte Unternehmen ausrollen.

Diese Innovativ-Teams sollten klein genug sein, um flexibel und schnell zu handeln und zugleich in die Lage versetzt werden, von der Infrastruktur und Mitteln eines etablierten Konzerns zu profitieren. Dies ist unabdingbar, um entstehende Fehler zu identifizieren, unmittelbar aus dem System zu entfernen und den Vorgang in das kollektive Gedächtnis des Unternehmens einfließen zu lassen. Dabei wird die oft beschworene Fehlerkultur und die Bereitschaft, es einfach mal zu probieren, künftig erfolgreicher und schneller zu Resultaten führen als traditionell etablierte Unternehmensprozesse, die bereits in ihrer Struktur Langsamkeit implizieren.

Die Herausforderungen bei dieser Erneuerung der Unternehmenskultur liegen unter anderem in ihrem Einführungs-Prozess. Betroffene Mitarbeiter können den Verlust eigener Autorität befürchten, Bedenken tragen, gut eingespielte Abläufe aufgeben zu müssen, die bisher risikofrei funktionieren und allgemein davor Angst haben, dass die Digitalisierung zum Verlust ihres Arbeitsplatzes führt. Gerade in erfolgreichen Unternehmen ist häufig zu beobachten, dass Mitarbeiter mit dem Status Quo hoch zufrieden sind. Diese Beharrlichkeit und der daraus resultierende Stillstand sind die eigentliche Ursache für genau die Schreckensszenarien, die „Digital Ignorants“ fürchten. Sie erkennen (noch) nicht, dass die Steigerung der Prozess-Effizienz den Markt mehr denn je prägt und Veränderungswillen fordert. Ein Festhalten an gewohnten analogen Abläufen wird dazu führen, dass andere Marktteilnehmer mit weniger Aufwand schneller mehr erreichen. Die Musikindustrie, die Taxibetriebe oder auch die Fotobranche sind gute Beispiele dafür, wie verhängnisvoll das Festhalten an überholten Prozessen und Besitzstandswahrung der Mitarbeiter für Produkte und Unternehmen sein kann. Nicht nur in den genannten, sondern in allen Branchen ist diese Entwicklung zu beobachten, zum Teil aber noch nicht mit derart offensichtlichen Auswirkungen.

Auf der Habenseite für Mitarbeiter steht eine Vereinfachung von „Routinen“, das heißt von ungeliebten Aufgaben, die sich turnusgemäß wiederholen. Sie weichen im Idealfall kreativen und unternehmerischen Aufgaben und Tätigkeiten. Andere Vorteile des Effizienz-Gewinns durch Digitalisierung können Möglichkeiten zu angestrebter Kompetenzerweiterung oder die Einführung flexibler Arbeitszeitgestaltung sein. Auch mehr Zeit für Weiterbildung oder mehr Freizeit zu schaffen, sind denkbare Optionen.

Für die Unternehmensführung heißt das, neue Ziele zu setzen und deren Erreichung qualitativ und quantitativ nach neuen Maßstäben und Kriterien zu überprüfen. Digitale Prozesse und die Neuaufteilung der Aufgaben zwischen menschlichen und technischen Ressourcen gewinnen immens an Bedeutung. Die Zunahme an Geschwindigkeit und Kundenorientierung muss in die DNA jedes Unternehmens transplantiert werden. Den Entscheidern obliegt es, diese Chancen zu erkennen und im Bewusstsein zu handeln, dass manche Rückschläge von heute das Kapital der Zukunft sein können.

Zukunftsorientierte Interaktionsmodelle zwischen Menschen und Maschinen bedingen neue Technologien. Es ist Sache der „Enabler“ dafür Sorge zu tragen, die Rahmenbedingungen für ein workflow-orientiertes, vernetztes Arbeitsumfeld zu schaffen, das weltweit eine Peer-to-Peer-Kommunikation zwischen Spezialisten ermöglicht.


Zum Inhaltsverzeichnis

Leitfaden: Wie man das Digital Mindset erlangt

Autor: Katharina Götzen, Real Estate Consultant (PwC)

Zweifellos ist Digitalisierung nicht nur eine Frage der Technik. Mit der Delegation der Digitalisierung an die IT-Abteilung ist es also nicht getan. Technologische Neuerungen sind zwar der Auslöser und Treiber der Digitalisierung, dienen auf dem Weg der Veränderung aber nur als Mittel zum Zweck. Wichtigster Bestandteil der digitalen Transformation sind die Mitarbeiter im Unternehmen, welches sich der Transformation stellt. Sie sollten von Beginn an Teil der Entwicklung sein – und dabei ihr Digital Mindset erlangen und ausbauen.

Mit Erlangung eines Digital Mindsets können Unternehmensressourcen zum größten Nutzen für die Digitalisierungsprozesse im Unternehmen eingesetzt werden. Fünf grundlegende Schritte sind hierbei zu beachten:

example1

#1 Entwickle eine inspirierende Veränderungsvision: Wichtig ist, klar und offen zu definieren, was Digitalisierung für das Unternehmen beinhaltet. Es reicht nicht aus, Technologien wie künstliche Intelligenz und virtuelle Realität zu nutzen. Vielmehr ist eine ganzheitliche Vision zu vermitteln, die neben den Systemen auch Veränderungen für die Organisation, die Prozesse und die Mitarbeiter mit sich bringt: die Denkweise des Unternehmens muss sich grundlegend verändern. Das bedeutet, aus der Komfortzone herauszutreten und eine klare Strategie für das Unternehmen abzuleiten: Was sind bis wann unsere Ziele und wie können wir diese erreichen? Grundlegender Erfolgsfaktor ist dabei die Vision richtig zu steuern, Entscheidungsträger zu bestimmen und – zu guter Letzt - ein angemessenes Budget festzulegen.

#2 Entdecke die Kunst des Möglichen: Das interne Ökosystem muss überdacht werden. Ein integriertes Konzept geprägt von strategischen Partnerschaften und Integration von funktionsübergreifenden, heterogenen Teams sind der Schlüssel zur Förderung des Digital Mindsets. Unterschiedliche Denkweisen und gegenseitige Ideenfindung regt das Engagement und die Innovationskraft an. Den Wert eines voll integrierten Ökosystems zu erkennen und in die fortschreitende Entwicklung zu investieren, dies führt zu einem erfolgreichen Wandel.

#3 Erlebe Kulturwandel für neue Wege: Allgemeine Neugierde, schnelle Ideenfindung und eine problemlösende Orientierung sind Kennzeichen des Digital Mindset, die eine besondere Kultur des Unternehmens voraussetzen. Die Unternehmenskultur sollte daher von flachen Hierarchien und neuen Gewohnheiten geprägt sein. Wenn neue Wege eröffnet werden, profitieren Unternehmen von Motivation, allgemeiner Neugierde und Kreativität Ihrer Mitarbeiter. Eine Möglichkeit ist der Wechsel zu neuen Führungsstilen und Möglichkeiten zu schnellem, unvorhersehbarem Karriereverlauf zu bieten. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sind die Eigenschaften auf dem Weg raus aus der analogen hinein in die digitale Welt.

#4 Kommuniziere offen in Zeiten der Veränderung: Jeder Mitarbeiter soll Technologie als Möglichmacher und Chance verstehen. Zwischen Mitarbeitern und dem Management muss ein offener Dialog und informelle Gespräche möglich sein. Transparente und häufige Kommunikation bauen Ängste und Blockaden ab und fördern das erforderliche Querdenken. Nur durch unterschiedliche Sichtweisen werden Herausforderungen der täglichen Arbeit ganzheitlich betrachtet. Offene Kommunikation ist der Grundbaustein – in Zeiten der Veränderung und auch darüber hinaus.

#5 Erkenne die Relevanz von Daten: Die „Push“-Mentalität gehört der analogen Denkweise an, zu der Datenanalysen noch nicht auf Knopfdruck möglich waren. Damals wurden Produkte auf den Markt gebracht, bei denen Kunden erst auf den Bedarf und Nutzen aufmerksam gemacht werden mussten. Heute kann die Vielzahl von Daten mittels des technologischen Fortschritts ausgewertet werden und bringt Erkenntnisse über Kundenverhalten und viele weitere Bereiche. Der Bedarf nach einem Produkt wird erkannt und dieses kann mit bestmöglichem Nutzen entwickelt werden. Es ist wichtig, auf diesen Fortschritt richtig zu reagieren und zuzulassen, dass Daten „zum besten Freund“ werden. Die „Push“-Mentalität wird zu einer „Pull“-Mentalität.


Zum Inhaltsverzeichnis

Fazit

Die Debatte rund um die digitale Transformation der Immobilienwirtschaft ist unscharf, dabei ist der Wandel bereits in vollem Gange. Eine einfache Schablone für den erfolgreichen Wandel gibt es zudem nur bedingt. Doch was bedeutet es überhaupt, wenn wir von Agilität, Resilienz und Digitalkultur sprechen? Tatsächlich spiegeln sich diese Schlagworte nämlich bereits heute mitunter in modernen Arbeitswelten. Ein zeitgemäßes oder aber zukunftsträchtiges Geschäftsmodell kann ohne sie wohl kaum existieren. Der fortschreitende Strukturwandel erfordert eine umfangreiche Anpassung und Neuorientierung bereits etablierter Unternehmen mit Blick auf deren Organisation, Methoden und Kompetenzen. Dabei geht es gleichermaßen um Markt- und Mitarbeiterorientierung als Grundbestandteile einer erfolgreichen Transformation. Die Basis hat sich hingegen kaum verändert: Zwar müssen Unternehmen flexibler und Mitarbeiter schneller agieren, Zyklen kürzer gedacht werden – ein fundiertes Verständnis der eigenen Umwelt und technologischer Möglichkeiten zur besseren Durchsetzungsfähigkeit am Markt war aber immer schon von Vorteil. Folgenabschätzung, Mut und Aufgeschlossenheit sind nach wie vor Kern klugen Unternehmertums. Bei aller Skepsis gegenüber und fehlender Skalierbarkeit von Veränderungen, haben zunehmende Technologisierung und Automatisierung immerhin dafür gesorgt, dass emotionale und soziale Intelligenz eine immer stärkere Stellung in unseren Arbeitswelten einnehmen. Netzwerke, Dialog und Teilhabe waren nie wichtiger – gute Führung nie notwendiger. Während wir immer noch viel von Strategie und Technologie sprechen, haben viele bereits längst erkannt, dass diese nur durch die Etablierung einer neuen und übergeordneten „digitalen Mindset" innerhalb der jeweiligen Unternehmen erfolgreich umgesetzt werden kann.


Zum Inhaltsverzeichnis